Wohnungsnot und Innenentwicklung - was bedeutet das?

Natürlich wären alle froh, wenn das Wohnen in Mainz billiger wäre - und die Auswahl an Wohnungen größer. Politiker, Architekten und unabhängige Vertreter der Bauwirtschaft versichern uns, dass das Problem gelöst wird, wenn man neue Wohnsilos im Innenstadt-nahen Bereich errichtet. Und zwar möglichst viele. Sie übersehen oder verschweigen, dass sich hier jedes Angebot seine eigene Nachfrage selber schafft. Solange Mainz als Landeshauptstadt Jobs bietet, eine weitere Landeshauptstadt direkt nebenan liegt, man in einer halben Stunde einen internationalen Großflughafen erreicht und in unter einer Stunde die Frankfurter Bürotürme, wird jede neu gebaute Wohnung sofort Mietinteressenten finden, und zwar umso mehr, je verkehrsgünstiger sie liegt. Löst man dieses Dilemma, indem man 2000 neue Wohneinheiten baut? Wenn ja, für wie lange?

Warum ziehen die Menschen nach Mainz? Weil es eine lebenswerte Stadt ist, mit Jobs, Geschäften, Schulen (auch wenn eine davon abgerissen werden soll), Grünflächen, Sportplätzen, Kultur, Kliniken, Altersheimen - allem, was man zum Leben braucht, alles an einem Ort, alles per Bus erreichbar. Wenn nun mehr Leute in diese Stadt ziehen, brauchen diese dann weniger Schulen, Grün und Sport? Oder eher mehr?

Innenentwicklung ist geboten und bedeutet, zuerst die bislang nicht nutzbaren Flächen innerhalb der Städte einer Nutzung zuzuführen, bevor man außen die Landschaft zersiedelt und lange Anfahrtswege erzwingt. Aber die Innenentwicklung findet ihre sinnvollen Grenzen (vgl. Wikipedia) durch das "Leitbild der aufgelockerten Stadt". Was das heißt? Ein Funktionen-Mix aus Wohnen, Bildung, Arbeiten und Erholen - alles nah beieinander, damit keiner weit fahren muss. Wenn jedoch innen nur noch Beton ist, flüchten die Leute nach außen ins Grüne, und dann haben wir nichts gewonnen.

Ehemalige Panzerwerke (Gonsbachterrassen), aufgegebene Häfen (Zollhafen) und brachliegende Güterbahnhöfe ("Quartier M1") soll man gerne bebauen. Aber doch keine Freizeit-, Sport- und Erholungsflächen, die im inneren Bereich der Stadt sowieso schon viel zu knapp sind! Wo genau der Fußballplatz im Hartenbergpark liegt, ist nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass man den Park nicht verkleinern und die riesige Fläche des Fußballplatzes (7000 qm!) der Bevölkerung nicht einfach wegnehmen darf - vor allem, wenn die Bevölkerung durch die geplante Bebauung zunimmt! Wenn wir den Sportplatz bebauen, verlieren wir mehr als wir gewinnen.

Wir wissen, dass auch Stadtratsmitglieder diese Seiten lesen. Bitte schaut Euch an, wie eng es heute schon im Park ist, und wie andere Städte die Balance zwischen Wohnungsbedarf und Erholungsflächen finden. In New York ist der "Bedarf an bezahlbarem Wohnraum" garantiert höher als in Mainz. Der dortige (riesige) Central Park stand auch einst zur Disposition. Die New Yorker haben um ihn gekämpft - und gewonnen.

Die New Yorker wissen, warum sie ihren zentral gelegenen Park nicht bebauen. 
Hier: Central Park New York



Auch Ende September (das Laub fällt schon) wird unser Park sehr intensiv genutzt. Im Hochsommer ist es noch um Einiges enger. 
Hier: Hartenbergpark Mainz



Auf dem Park-Hauptweg ist immer etwas los. Menschen verschiedenster Herkunft treffen sich hier.  
Hier: Hartenbergpark Mainz.



Wenn die Wasserspiele nicht in Betrieb sind, weichen Familien zum Grillen auf die Betonfläche oberhalb der WC-Anlage aus.
 Hier: Hartenbergpark Mainz.



Zu dritt kann man sich gut einen Korb teilen. Wenn künftig ca. 1000 Leute direkt daneben wohnen, wird man länger Schlange stehen müssen...
Hier: Hartenbergpark Mainz



...und es kann kommen wie hier im Kingpark, wo vor Jahren ein lärmempfindlicher Anwohner den Korb "weggeklagt" hat, so dass er nun weit ab vom Schuss in einer "Zonenrandlage" steht.
Hier: Jugendbox Martin-Luther-King-Park Mainz



Das exklusive Neubaugebiet Gonsbachterrassen (auch "Lego City" genannt ;-)) war früher ein Panzerwerk. 2006 wurden die leerstehenden Hallen abgerissen. 
Hier: Gonsbachterrassen Mainz


Sehr nahe am Hauptbahnhof entsteht entlang der Mombacher Straße das "Quartier M1". Die langgestreckte Lagerhalle des einstigen Güterbahnhofs wird in diesen Tagen abgerissen. 
Hier: Baugrube an der Mombacherstraße Mainz

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